Bergtouren Tourentipps

Pico de Aneto – am höchsten Gipfel der Pyrenäen

Pico de Aneto

Mit seinen 3.404 Metern ist der Pico de Aneto der höchste Pyrenäen-Gipfel. Und wohl auch einer der schönsten.

Der Alarm meiner Suunto Ambit3 reißt mich aus dem Schlaf. Es ist vier Uhr morgens. Für einen kurzen Moment weiß ich nicht, wo ich bin. Durch die Hinterfenster unseres Kombis, in dessen Kofferraum wir die Nacht verbracht haben, blicke ich in den sternenüberzogenen Nachthimmel. Wahnsinn. Selten habe ich ein derart atemberaubendes Firmament gesehen. Je schwärzer die Nacht, desto heller leuchten die Sterne. Hier auch die kleinsten. Ich befinde mich auf einem kleinen Parkplatz in den Pyrenäen. In einem engen Tal nahe dem Bergdorf Benasque in Spanien. Wir schälen uns aus den Schlafsäcken und bereiten auf dem Gaskocher einen Grießbrei mit viel Zucker und Zimt zu. Eine gute Grundlage muss es sein. Wir wollen heute den Pico de Aneto – mit 3.404 Metern der höchste Berg der Pyrenäen – besteigen.

Von Benasque auf den Pico de Aneto

Um kurz vor fünf sind wir startklar, schultern unsere Rucksäcke und eilen zu dem Bus, der uns über eine für den öffentlichen Verkehr gesperrte Mautstraße bis nach La Besurta (1.900 m) bringen soll.

Die Fahrt bis La Besurta dauert knapp 15 Minuten. Von dort aus beginnt der Aufstieg zum Refugio de la Renclusa (2.140 m). Eine gute halbe Stunde schlendern wir in einer Schlange von mehreren Bergsteigern den Weg zur Hütte hinauf. Jeder stapft mit eingeschaltener Stirnlampe in meditativem Tempo die 200 Höhenmeter bis zum Refugio hoch. Nach einer halben Stunde erreichen wir die Hütte. Es beginnt zu dämmern. Wir verstauen unsere Stirnlampen, ziehen überflüssige Kleidung aus und setzen unseren Weg fort.

Refugio de la Renclusa: Schutzhütte am Pico de Aneto

War der Steig bis zur Hütte noch schön ausgetreten und mit Fähnchen markiert, muss man sich ab nun den besten Weg zum Gipfel selbst suchen. Bis auf ein paar Steinmännchen und gelegentliche rote Punktmarkierungen hat man wenige Anhaltspunkte.

Sonnenaufgang oberhalb des Refugio de la Renclusa.

Und dann der Sonnenaufgang. Wahnsinn. Er taucht die gigantischen Felsformationen in ein sattes Orange. Ausgedehnte Geröllfelder und große Steinblöcke machen den Aufstieg zusehends mühsamer. Die weite Bergkulisse lenkt uns aber von der beschwerlichen Wegsuche ab.

Pico de Aneto
Es wird Tag in den Pyrenäen.

Etwa 400 Höhenmeter über dem Refugio gelangt man zur Cresta de las Portillones – einer hohen Felsrippe, die sich in das Portilón (Scharte) Superior und das Portillón Inferior teilt. Der Normalweg führt entlang der Felsrippe zum Portilón Superior. Von dort aus muss man allerdings wieder ein paar Meter absteigen, um den Gletscher zu erreichen.

Pico de Aneto
Geröllfelder und Steinplatten am Weg zum Pico de Aneto.

Wir entscheiden uns, die Scharte gleich zu überwinden und hinter der Felsrippe weiter aufzusteigen. Eine gute Entscheidung, wie wir bald feststellen. Keine Leute und das Ziel direkt vor Augen. Wir taufen den Weg die „Mankeiroute“, weil wir uns dort den knuddeligen Murmeltieren auf bis zu drei Metern nähern durften.

Pico de Aneto
Wegmarkierungen gibt es bald keine mehr. Ab und zu deuten Steinhaufen die richtige Route an.

Pico de Aneto: Gipfelanstieg über einen schwindenden Gletscher

Bis zum Fuß des Gletschers gilt es noch ein riesiges Geröllfeld zu überwinden. Nach über einer Stunde können wir uns endlich die Steigeisen anschnallen und zum angenehmen Teil der Tour übergehen.

Pico de Aneto
Abstieg von der Scharte. Der Gletscher und der Gipfel des Aneto sind noch weit.

Wir queren den Gletscher und steigen dann steil auf, bis wir erneut auf Fels treffen. Dort trennen wir uns von den Steigeisen. Zurück auf die Felsblöcke. Der Vorgipfel des Aneto ist nun schnell erreicht. Steigeisen, Stöcke und Rucksack lassen wir dort zurück, um den schmalen Grat zum Gipfel einfacher überklettern zu können. Dies ist der einzige Teil der Tour, bei dem man kurz den Atem anhalten muss. Zu beiden Seiten stark abfallend, sollte hier keiner ins Rutschen kommen.

Pico de Aneto

Die Spanier nennen den Grat „Paso de Mohoma“ – der Schritt des Mohamed. Nach gut 30 Metern einfacher Kletterei ist der Hauptgipfel erreicht. Wir gehören zu den ersten an diesem Tag, die diese traumhafte Aussicht genießen dürfen. Die Luft ist klar, die Fernsicht einmalig. Wahnsinn.

Pico de Aneto
Bergheil vom höchsten Gipfel der Pyrenäen.

Beim Abstieg nehmen auch wir den Normalweg. Dieser ist fast noch beschwerlicher als der Aufstieg. Nach einer gefühlten Million Steinblöcke, die wir überwunden haben, schmerzen die Knie doch sehr, als wir wieder flaches Gelände unter den Beinen haben. Das Glück am höchsten Berg der Pyrenäen gestanden zu haben überwiegt schlussendlich aber.

Ausrüstungsempfehlung

Auch in Spanien kann es auf 3.000 Metern kühl werden. Wir empfehlen eine lange Hose, Stirnband, eine winddichte Jacke oder Primaloft-Jacke und eventuell dünne Handschuhe.

Außerdem: Steigeisen, Sonnenbrille, UV-Schutz, Stöcke (Gletscherausrüstung ist nicht unbedingt nötig) und genügend zu trinken.

Dauer

Die Tour kann man getrost an einem Tag gehen. Für den Aufstieg haben wir vier Stunden gebraucht, für den Abstieg etwa 3,5.

Ankommen

Von Frankreich oder Barcelona mit dem Auto bis in das Bergdorf Benasque. Weiter das Tal hinein bis zum Parkplatz Vado de l’Hospital. Wir haben am Parkplatz eine Nacht im Auto gecampt und sind  am nächsten Morgen mit dem Shuttle-Bus nach La Besurta gefahren (erste Fahrt um 5:00 direkt vor dem Hotel, Preis 5 € hin und retour). Von dort aus beginnt der Aufstieg zum Aneto.

Refugio de la Renclusa
Refugio de la Renclusa

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8 Kommentare zu “Pico de Aneto – am höchsten Gipfel der Pyrenäen

  1. Christopher Haubs

    Sehr guter Bericht, macht Lust zur Nachahmung. Ich gehe davon aus dass die Besteigung im Juli oder August stattfand? Ich habe beim Überfliegen keine Angabe dazu gefunden.

    LG, Christopher

    • Hallo Christopher! Vielen Dank für deine liebe Nachricht. Die Tour ist bei uns leider schon einige Zeit uns und unser Kamera-Equipment damals war noch nicht das beste. Freut uns umso mehr, dass dir der Beitrag trotzdem gefällt. Genau, wir waren damals im Juli in den Pyrenäen. 🙂 Liebe Grüße, Susi

  2. Hallo, vielen Dank für den ausführlichen Bericht. War am Wochenende oben und kann alle Punkte bestätigen, vor allem die schmerzenden Gelenke beim Abstieg 😉

    Viel ist zwar vom Gletscher nicht übrig, dennoch empfiehlt es sich Steigeisen zu nutzen. Meine hatte ich im Auto vergessen, so dass ich mich ohne hoch arbeiten musste… hat zwar mit voll steigeisenfesten Bergschuhen einigermaßen funktioniert, aber mit Steigeisen wären Auf- und vor allem Abstieg viel bequemer gewesen.

    Viele Grüße,
    Ricardo

    • Noch eine Ergänzung zum Punkt „ANKOMMEN“. Die Tour habe ich in Frankreich begonnen, am „Hospice de France“ (nach dem Ort Bagners de luchon). Landschaftlich unglaublich schön, Berg-/Badsee inklusive + die Genzüberschreitung samt Blick auf den Aneto ist genial. Sollte ich die Tour jedoch nochmal machen, würde ich sie auf zwei Tage verteilen, da der Hinweg sich über mit 18 km und 2700 m Anstieg / 700 m Abstieg doch sehr zieht. Bergheil

    • Lieber Ricardo! Es freut uns sehr, dass dir die Tour auch so gut gefallen hat! Vielen Dank auch für deine zusätzlichen Infos und Einschätzungen – die helfen anderen Bergsteigern in Zukunft sicher weiter. Ganz liebe Grüße, Susi

  3. Danke für den tollen Artikel… Ich will es morgen auch versuchen.. von dem Gletscher ist aber nicht mehr viel übrig soweit ich das von unten sehe.

    Lg Martin

    • Hallo Martin! Danke für den lieben Kommentar! Wünsche dir ganz viel Spaß bei der Tour. Vom Gletscher war bei uns damals leider schon nicht mehr viel übrig. :/ LG Susi

    • Hey Martin, wie ist der Gletscher? Ich habe leider keine Steigeisen in diesem Urlaub mit… Ist die Begehung deiner Einschätzung nach trotzdem möglich? LG Philipp

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