Du suchst den schönsten Sonnenplatz am Fuschlsee? Ohne Seezugang, aber mit traumhafter Aussicht, befindet er sich inmitten einer Mehrseilroute hinauf zum Frauenkopf.
Wir alle kennen dieses Gefühl: Wir sitzen in der Arbeit, in einer Vorlesung an der Uni oder im Matheunterricht, draußen leuchtet die Sonne vom Himmel und wir blicken verstohlen aus dem Fenster und wünschen uns nichts sehnlicher, als möge die Zeit doch ein wenig schneller vergehen. Versonnen überlegen wir hin und her, was wir mit dem halb angebrauchten Tag noch anfangen könnten. In diesem Moment betritt der „Schober Südgrat“ die Bühne.
Eine kurze, aussichtsreiche Alpinklettertour ohne langen Zustieg – warum sind wir nicht früher draufgekommen? Die Route am Fuschlsee liegt bis zum Sonnenuntergang im Licht und vor allem im Frühjahr und im Herbst kann man den Grat auch nach Mittag noch durchklettern.

Kurzer Zustieg, viel Sonnenschein
Der etwa 30-minütige Zustieg startet vom Parkplatz des Wirtshauses unter der Ruine Wartenfels, von wo der Normalweg auf den Schober und seinen Zwillingsgipfel den Frauenkopf ebenfalls seinen Ausgang nimmt.
Wir folgen dem markierten Wanderweg zum Frauenkopf in Serpentinen, bis der Steig ein Geröllfeld quert. Dort zweigen wir nach links zum tiefsten Ausläufer des Grates ab, an dem sich auch der Einstieg in die Kletterroute befindet.

Wir seilen uns mit einem 50 Meter Einfachseil an, setzen die Helme auf und Vroni beginnt mit dem Vorstieg der ersten Seillänge. Mit Passagen im dritten und vierten Schwierigkeitsgrad gibt uns die Tour die Chance, uns gut und locker einzuklettern. Am Ende der ersten Seillänge wartet die erste interessante Stelle: Vroni überwindet sie mit einem Spreizschritt und ich steige nach, sobald sie den Standplatz eingerichtet hat.

Schober Südgrat: Klettern mit Seeblick
Ich freue mich auf ein wenig Bewegung – im Schatten unter den Bäumen ist es doch noch recht frisch. Ich kralle die Finger in den Fels und bin überrascht, wie gut er sich anfühlt. Ich hatte mit abgetretenen Tritten und speckigen Griffen gerechnet.
Emsig sammle ich die Expressschlingen ein und steige die nächste Seillänge auf den ersten Gratturm vor. Endlich gewinnen wir an Höhe. Mit jedem Klettermeter erblicke ich etwas mehr vom Fuschlsee, dessen türkisblaues Wasser bisher hinter den Baumwipfeln versteckt war.
Den Turm besteigt man in einem leichten Rechtsbogen. An der höchsten Stelle befindet sich auch der Standplatz. Ziemlich gut gewählt. Denn eine solch fantastische Aussicht kann man beim Nachsichern nur selten genießen.

Auf und ab am Schober Südgrat
So schnell es hoch gegangen ist, müssen wir auch wieder hinunter. Die erste Abseilstelle steht an. Schon ein wenig nervig, da wir erst gerade richtig warm geworden sind. Aber das haben Grate nun mal so an sich – sie steigen an, und fallen ab.
Wir binden uns aus, fädeln das Seil durch den Ring und seilen uns in einen schmalen Felsspalt ab. Am Fuße der Wand wartet der nächste „Standplatz“: ein winziger Klemmblock, der sich im nach unten immer schmäler werdenden Spalt verkeilt hat und auf dem gerade ein Kletterer spärlich Platz findet. Die nachkommende Vroni muss sich unbequem in den Spalt stemmen, um sich wieder anzuseilen und steigt gerne gleich in die dritte, nun etwas längere Seillänge ein.

Diese führt anfangs über eine ziemlich abgegriffene Platte auf den zweiten Gratturm. Technisch verbergen sich auch hier keine Schwierigkeiten, was bleibt ist der Genuss am Klettern und das fantastische Panorama, das jetzt schon vom Fuschlsee bis zum Untersberg und dem Hohen Göll reicht.

Von Turm zu Turm
Am zweiten Gratturm halten wir kurz inne, bevor die Route wieder leicht abfällt. Hier oben fühlt man sich ein wenig, als ob man auf einem Sprungbrett in den Fuschlsee stünde. Der Grat fällt nun zu allen Seiten stark ab und die Wanderer, die auf dem Normalweg auf und ab eilen, beobachten gespannt jeden unserer Schritte. Klettern vor Publikum ist doch etwas gewöhnungsbedürftig.
Vroni entscheidet sich, die Abseilstelle abzuklettern, während ich sie vom Standplatz aus sichere – ich seile mich ab, sobald sie den Standplatz erreicht hat. Das ist wohl die schnellste Variante.

Plötzlich stehen wir vor der Schlüsselstelle. Die Schwierigkeit steigt zum ersten Mal auf V- an und ich bin an der Reihe, vorzusteigen. Zuerst führt die Route senkrecht nach oben, danach quert sie über eine Kante nach rechts hinüber. Der Fels ist hier schon etwas mitgenommen, die Tritte und Griffe sind allerdings so gut, dass man die Stelle zügig durchklettern kann.
Bis zum nächsten Standplatz halte ich mich nun in fast flachem Gelände rechts des Grates. Zwischensicherungen sind hier nur wenige vorhanden, zusätzlich hat sich das Seil in einer Felsniesche verklemmt. Ich zerre am Seil, wanke wegen des Zuges nach hinten unsicher über den Grat und bin froh, als ich den Standplatz an den Bäumen erreiche, um das verklemmte Seil mühsam einzuziehen.
In der Topo ist der Standplatz an den Bäumen eingezeichnet. Direkt am Grat an einem größeren Felsblock befinden sich aber zwei Bohrhaken, die gut als Stand verwendet werden können. Vroni steigt die nächste Seillänge im zweiten Schwierigkeitsgrad flott vor und richtet uns eine Fixpunktsicherung unterhalb des Ausstiegs aus der Tour ein.

Die Schlüsselstelle kommt zum Schluss
Die eigentliche Schlüsselstelle liegt noch vor uns: ein A0*-Überhang, der von unten gar nicht so aussieht, als müsste man irgendwelche Expressen zu Hilfe nehmen. Ich bin überzeugt, die Stelle frei zu klettern, da die Griffe auf den ersten Blick gut zu halten scheinen.
Anfangs klappt mein Vorhaben noch sehr gut, obwohl die Griffe und Tritte sicherlich die abgespecktesten waren, die ich je in Händen gehalten, oder mit den Zehenspitzen betreten hatte. Über eine leichte Kannte schwenkt die Route nun nach rechts und ich habe keine Chance mehr, mich an dem schmierigem Fels zu halten.
Ich klippe die Expressschlinge in den Bolt und packe diese mit der anderen Hand, um mich einzuhängen. Zwei Mal muss ich noch schummeln. Die Bohrhaken sind hier so knapp hintereinander gesetzt, dass man sich einfach nach oben hangeln kann.
Wer die Stelle frei bezwingt, hat einen VIIer durchklettert. Aufgrund der miesen Felsbeschaffenheit ist die Passage allerdings sicher schwieriger einzuschätzen.
Nach diesem letzten Kraftakt ist auch schon das Gipfelkreuz des Frauenkopfs in Sicht. Bei toller Aussicht sammelt Vroni vorbildlich das Seil ein und wir schreiten über einen Grashang dem höchsten Punkt der heutigen Tour zu.

Schober Südgrat – Klettererlebnis für Anfänger
Wir sind beide sehr angetan von der Route und sind uns einig, dass sie die perfekte Wahl für all jene ist, die sich den Nachmittag mit dem vertreiben wollen, das sie lieben: nämlich Klettern. Mit etwa zwei Stunden und dreißig Minuten Kletterzeit eignet sich die Tour auch perfekt als Unternehmung für einen halben Tag und ist auch für Anfänger geeignet, sofern jemand Erfahrener den Vorstieg klettert.
Vom Frauenkopf hat man nun die Möglichkeit, noch zum Schober zurückzuwandern, oder über den Wanderweg direkt zum Ausgangspunkt abzusteigen.
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