Die Anita-Runde vereint auf eindrucksvolle Weise die bekannten Gipfel im Großarler Talschluss: Mureck, Schöderhorn, Weinschnabel und Keeskogel. Eine Skitour, die Ausdauer und Fingerspitzengefühl erfordert!
Wer zur Anita-Runde aufbricht, der sollte das früh tun und sich den ganzen Tag Zeit nehmen. Denn es sind vier Anstiege und Abfahrten zu bewältigen – aufgeteilt auf 30 Kilometer. Die Anita-Runde führt uns auf perfekte Weise über die prominentesten Skitouren-Gipfel im Großarltal. Das Mureck, das Schöderhorn, der Weinschnabel und der Keeskogel sind die topografischen Höhepunkte der Tour. Dazwischen warten gewaltige Abfahrten und Anstiege, die ein gutes Timing und Fingerspitzengefühl erfordern.
Schauen wir uns zu Beginn die nackten Tatsachen an!
Anita-Runde: Fakten zur Skitour
- Anstieg: zirka 3.250 Höhenmeter (kann abweichen)
- Abstieg: zirka 3.250 Höhenmeter (kann abweichen)
- Länge: 31 Kilometer
- Ausgangspunkt: Parkplatz Talschluss Hüttschlag
- Endpunkt: Parkplatz Talschluss Hüttschlag
- Schwierigkeit: konditionell anspruchsvoll, technisch mittelschwer
- Route: Parkplatz Talschluss Hüttschlag > Kreealm > Mureck > Schmalzscharte > Unterer Schwarzsee > Weinschnabel > Kölnbreinspeicher > Kleinelendtal > Kleinelendscharte > Keeskogel > Talschluss Hüttschlag
- Dauer: wir haben 9 h und 30 Minuten benötigt (inkl. Pausen und Stehzeiten)
Erstmals beschrieben und publiziert wurde die Rundtour 2001 von Norbert Asen in seinem Führer „Skitourenerlebnis – Zwischen Dachstein und Kitzbüheler Alpen“. Warum er die Skitouren-Runde Anita getauft hat, erfahren wir erst, als uns Norberts Sohn auf Instagram anschreibt. Norberts Frau Anita war bei der Skitour ebenfalls dabei und so hat er die Runde klarerweise nach seiner besseren Hälfte benannt.
Die Anita-Runde erfordert Fingerspitzengefühl, Motivation & Ausdauer
Die Idee, die Anita-Runde nachzugehen, schwebte schon länger in den Köpfen von uns 10 Skitourenfreunden aus dem Lammertal. Und so finden wir uns an einem frühlingshaften Februartag morgens im Talschluss von Hüttschlag ein. Gut, die Gruppengröße soll jetzt nicht als Vorbild dienen. Aber was soll man machen, wenn alle höchstmotiviert die Anita in Angriff nehmen wollen.
Wir sind eine homogene Truppe: drei starke Mädels und 7 Lammertaler-Urviecher. Dass wir die Runde schaffen werden, steht außer Frage. Interessant ist nur, wie sehr wir leiden müssen und wie sich die Bedingungen im Laufe des Tages entwickeln. Eine Abfahrt und zwei Anstiege erfordern besonders sichere Bedingungen, da sie südseitig ausgerichtet und schon ab dem Morgen starker Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Wir werden schwitzen. Das steht fest.
Anita-Runde: Eingehen aufs Mureck und/oder Schöderhorn
Bei noch kühlen Temperaturen machen wir uns für den ersten Anstieg des Tages bereit. Er ist mit 1.400 Höhenmetern der längste der Anita-Runde und führt uns aufs Kleine Mureck. Zunächst bequem entlang der Forststraße zur Kreealm, später durch einen lichten Lärchenwald und dann durch ein breites Kar.

Sowohl die Tour auf das Schöderhorn als auch aufs Kleine Mureck sind echte Klassiker im Großarltal und fast immer gespurt. Einen Beitrag zur Skitour aufs Schöderhorn kannst du dir hier durchlesen.
Wir steigen höher. Das Tempo ist flott. Die Gipfel des Murecks und des Schöderhorns liegen direkt vor unserer Nase. Wir können uns spontan entscheiden, auf welchen wir steigen und wählen das Kleine Mureck, weil wir dort noch nie waren. Der erste Gipfel der Anita-Runde ist erreicht und auch ein guter Teil der Höhenmeter geschafft. Das gibt Auftrieb für den Weiterweg.

Wer Zeit und Weg sparen will, der geht besser gleich aufs Schöderhorn und fährt dort direkt vom Gipfel südseitig Richtung Schmalzscharte ab.
Über die Schmalzscharte und den Unteren Schwarzsee zum Weinschnabel
Vom Kleinen Mureck können wir den weiteren Routenverlauf gut einsehen. Vor uns liegt ein tiefes Kar, an dessen Ende wir zwischen Zacken und Felswänden die Schmalzscharte erkennen können. Wir halten uns hoch auf der rechten Seite des Kars. Möglichst wenige Höhenmeter wollen wir herschenken. Deshalb queren wir nahe am Fuße der Felswände vorbei zum Albert Biwak, das unter der Scharte liegt.

An der Schmalzscharte eröffnet sich ein beeindruckender Blick auf den zugefrorenen Unteren Schwarzsee. Dahinter blitzt noch weit entfernt und tief verschneit der Weinschnabel herüber.
Wir ziehen die Felle von den Skiern und fahren links haltend steil zum See ab. Entlang des Ufers schwingen wir auf feinstem Firn, bevor der nächste Aufschwung unser Tempo drosselt: der 500 Höhenmeter lange Anstieg auf den Weinschnabel (2.754 m).
Durch eine nordseitig ausgerichtete Rinne schrauben wir uns höher. Die Rinne weitet sich nach der ersten Steilstufe in eine breite Mulde. Spitzkehre für Spitzkehre nähern wir uns dem zweiten Gipfel des Tages.
Die Einsamkeit hier tief in den Hohen Tauern hüllt uns gänzlich ein. Ganz allein ist unsere Gruppe unterwegs. Wie in Trance setzen wir einen Fuß vor den anderen. Wir queren unterhalb des Gipfelaufbaus vorbei und erreichen vier Stunden nach unserem Aufbruch den Weinschnabel.

Unsere Beine haben uns bereits 2.100 Höhenmeter getragen. Hoch über dem Kölnbreinspeicher staunen wir nicht schlecht über den gewaltigen Ausblick. Und darüber, wie unfassbar weit der Keeskogel noch entfernt liegt.
Ein Schmankerl der Anita-Runde: Firnabfahrt zum Kölnbreinspeicher
Am Weinschnabel müssen wir uns entscheiden, ob die Zeitreserven und die Bedingungen ein Vollenden der Anita-Runde zulassen. Denn hier hätten wir noch die Möglichkeit, die Tour abzubrechen und nordseitig durch das Schödertal zurück zum Talschluss Hüttschlag zu fahren.
Der Blick hinab zum Kölnbreinspeicher nimmt uns die Entscheidung ab. Ein perfekter Firnhang liegt vor uns. 800 Höhenmeter homogenes Gefälle, überzogen mit dem mattweißem Traum eines jeden Frühjahrsskifahrers, ziehen sich vom Weinschnabel bis zum Ufer des Kölnbreinspeichers.
Wir fahren bis auf 1.900 Meter Seehöhe ab, halten uns aber tendenziell rechts, um auch gleich einige Kilometer gutzumachen. Oberhalb der Jagasteighütte queren wir noch vorbei, ehe wir am Seeufer erneut die Felle aufziehen.
Tückischer Quergang entlang des Kölnbreinspeichers
In den Köpfen aller 10 Teilnehmer tief verankert war die Meinung, dass der südseitige Anstieg auf den Keeskogel die Schlüsselstelle der Tour sein würde. Umso erstaunter stehen wir nun am Ufer des Kölbreinspeichers. Steil fallen die Südhänge in den See ab. Die Schneedecke hier unten ist bereits stark durchfeuchtet. Unsere Blicke wandern immer wieder die Flanken hinauf. Hoffentlich kommt da nichts runter.

Eilig fellen wir auf. Hier will keiner länger als nötig an derselben Stelle stehen. Knapp oberhalb des zugefrorenen Sees spuren wir zum Ende des Sees hinein. Direkt an der Engstelle des Speichers zweigt rechter Hand das Kleinelendtal ab. Eine Insel der Sicherheit, die wir aber erst erreichen müssen.
Eineinhalb Kilometer lang befinden wir uns in der Gefahrenzone. Für ein mulmiges Gefühl sorgen nicht nur die steilen Südhänge über uns, sondern auch die Fischmäuler, die sich an den steilen Abstürzen auf den Steinplatten des im Winter entleerten Sees öffnen.
Kurz vor der Abzweigung ins Kleinelendtal suchen wir uns eine Stelle, an der wir das Seeufer nach oben verlassen können. Einige steile Spitzkehren sind nötig, dann erreichen wir ein sicheres Plateau. Unberührt breitet sich nun das Kleinelendtal vor uns aus.
Elendig schwitzen im Kleinelendtal
Das Kleinelendtal ist zur Beginn flach und glücklicherweise schattig. Zwei Kilometer lang machen wir kaum Höhenmeter. Unsere Gedanken kreisen darüber, ob die fortgeschrittene Tageszeit und die warmen Temperaturen einen Anstieg über die Südseite des Keeskogels bei sicheren Bedingungen zulassen.
Dort wo das Kleinelendtal einen Knick nach Links macht, zweigen wir in die Südflanke des Keeskogels ab. In einem weiten Rechtsbogen steigen höher, bis wir den Sommerweg kreuzen. Der Sommerweg zieht von der Kleinelendhütte zur Kleinelendscharte hinauf und ist in den meisten (digitalen) Wanderkarten eingezeichnet.
Die Nachmittagssonne heizt unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel. Der Schweiß tropft im Takt der Schritte von meiner Stirn. Im Vergleich zu unseren Shirts ist die Schneedecke staubtrocken. Unsere Skier gleiten über kompakten Frühjahrsschnee. Die Bedingungen sind immer noch einwandfrei.
Wir steigen bis zu einer Höhe von 2.600 Metern auf. Dort gelangen wir direkt unterhalb der Südwand des Keeskogels auf ein breites Band, auf dem wir zur Kleinelendscharte hinüberqueren können.

Der Aufstieg löst sich hier perfekt auf und an der Kleinelendscharte sind die 3.000 Höhenmeter voll. Der Gipfel des Keeskogels liegt jetzt direkt über uns. Die Mühen des Tages sind beim Anblick des Gipfelgrates fast vergessen. Aber nur fast.
Über den Ostgrat auf den Keeskogel
Die letzten 200 Höhenmeter von der Scharte bis zum Keeskogel verlangen uns nochmals alles ab. Die Energiereserven neigen sich dem Ende zu. Und als wäre die Anstrengung nicht genug gewesen, stollen auch noch die Felle an. Das tut weh. Nochmals die Felle wechseln. Nicht jammern.
Mit leichten Füßen geht’s nach dem Fellwechsel hinauf zur Scharte, an der wir mit dem Normalanstieg auf den Keeskogel zusammentreffen. Wir ziehen sie Skier aus, rammen die Enden in den Schnee und stapfen die letzten Höhenmeter über den Ostgrat auf den Gipfel.
Überraschend energiegeladen fallen wir uns am Keeskogel in die Arme. Wir sind stolz aufeinander. Erleichtert schweifen unsere Blicke vom Schöderhorn zum Weinschnabel; vom Kleinelendtal und hinab nach Hüttschlag. Erst jetzt wird uns bewusst, welche Distanz wir bewältigt haben.
1.900 Höhenmeter zurück nach Hüttschlag
Zugegeben, der Gedanke an die lange Abfahrt bringt uns heute, anders als sonst, nicht ins Schwärmen. Wir alle wissen: wirklich viel geben die Beine nicht mehr her. Vorsichtig stapfen wir zurück zum Skidepot. Mittlerweile liegt das Gstößkar im Schatten vor uns. Erst wenige Spuren kreuzen den breiten Hang.
Bis weit hinunter zur Waldgrenze schweben wir auf gesetztem Pulverschnee. Die müden Beine sind plötzlich vergessen. Still freuen wir uns über die gute Abfahrt. Wir fahren das Gstößkar in Falllinie ab, bis wir unten im Wald auf einen Steig treffen.
Den Rest der Abfahrt verdrängen wir besser. Nach Bruchharsch im Wald wird die Schneeauflage immer spärlicher. Etwa 200 Höhenmeter tragen wir die Ski über den Steig nach unten zu einem Forstweg und können von dort aus entlang der Straße auf Schnee zurück zum Parkplatz skaten. Der Kreis schließt sich. Wir öffnen die Bindung und unsere Schuhe. Auslüften. Beine hochlagern.
Liebe Anita, es war uns eine Ehre!
Anita-Runde: Diese Ausrüstung war dabei
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Servus Susi
Gratulation zu dieser feinen Runde. Mich würde interessieren – macht die Runde andersherum auch Sinn? Der Gedanke dahinter, die kritische Querung am Kölnbreinspeicher bereits früher am Tag hinter sich zu bringen. Du schreibst .jedoch, ihr wart bereits nach 4 Stunden am Weinschnabel. Wenn ich das in Relation zum Aufstieg auf den Keeskogel setze, wird die Querung zeitlich eh in etwa aufs gleiche hinauslaufen. Zum anderen – Ich kenn den Weinschnabel aber auch den Keeskogel noch nicht – Abfahrtstechnisch, wo hab ich die schöneren Abfahrten, im oder gegen den Uhrzeigersinn? Auch noch eine Option, wenn ich gegen den Uhrzeigersinn unterwegs bin und es freut mich nach dem Weinschnabel nicht mehr, gäbe es die Möglichkeit durch das Schödertal abzukürzen.
LG aus der Steiermark, Norbert
Lieber Norbert, bitte entschuldige die späte Rückmeldung. Ich denke es spricht nichts dagegen, die Runde in die andere Richtung zu machen. Allerdings macht es von der Planung her glaube ich wenig unterschied, weil du am Keeskogel ähnlich viele Höhenmeter hast wie am Weinschnabel und wahrscheinlich zum See hin ähnlich lange braucht. Du schenkst dann halt die geniale Abfahrt vom Weinschnabel runter her. Am Weinschnabel kannst du ja immer abkürzen, egal in welche Richtung du gehst. 🙂 Liebe Grüße, Susi
Pingback: Warum alle auf Anita abfahren - Bergaufundbergab
Hi Susi, bitte ändere die Brutto Gehzeit auf um die 10-12h.
Ich kenne nicht viele die die original Antia Runde in knapp 9h Brutto gehen.
Zum empfehlen ist die Tour bei Frühjahrsbedindungen und dann mit einer Startzeit um 03:30 Uhr!!
LG
Hi Martin, die Gehzeit wird von Outdooractive automatisch berechnet. Ich gebe den Leuten explizit keine Zeitangaben vor, sondern beschreibe nur, wie lange wir selbst gebraucht haben. Ich kann ja niemandem vorhersagen, wie lange er für die Tour brauchen wird, ohne ihn zu kennen. Ich denke das muss man vorweg selbst abschätzen lernen. Wie früh man startet, hängt dann natürlich von der geschätzten Gehzeit ab – das wird jemand, der 30 km und über 3000 HM gehen kann, auch selbst einteilen können. 🙂
Gratulation sowohl zur Tour in dieser Zeit die schon lange auf meinem Wunschzettel steht, als auch für den tollen Bericht. Wann seid ihr gestartet?
LG
Bert
Vielen lieben Dank. Puh eher spät 😅 so umma 8i. 🙈 LG Susi
Ich möchte Euch auch zu der tollen Tour gratulieren! 3250 Hm an einem Tag, das ist leider auch nicht in meinem Bereich.
Gäbe es die Möglichkeit die Tour auch auf zwei Tage aufzuteilen und in einem Winterraum einer Hütte zu übernachten?
LG Josef
Hallo Josef! Vielen lieben Dank. 🙂 ja du hättest die Möglichkeit, unter der Schmalzscharte im Albert Biwak zu schlafen. Dann kannst du am ersten Tag 1.500 Höhenmeter machen und am 2. den Rest. 🙂 LG Susi
Toller Bericht und Gratulation für diese außerordentliche Leistung.
Nach zahlreichen Skitourenbesteigungen sowohl des Weinschnabel als auch des Keeskogel (wenn auch nur einzeln und nicht als Kombi;-) kann ich diese Leistung sehr gut nachvollziehen.
Tipp: Aufstieg (und Abfahrt!) auf den Keeskogel erfolgen besser weiter nördlich über die Modereggalm, auch wenn über eine Zwischenabfahrt bzw. einen Zwischenaufstieg nochmal rd. 150 Hm dazukommen, aber man spart sich den meist schneefreien Steig im Gstößkar und den Hatscher zurück zum Parkplatz im Talschluss 🙂
(Letzets Jahr im Sommer vom Gasteinertal auf den Keeskogel und mit Übernachtung im Hotel an der Kölnbreinsperre über Weinschnabel und Schmalzscharte zurück ins Großarltal.)
Lieben Gruß, Christian Holzer
Hallo Christian! Vielen Dank für deinen netten Kommentar! Wir fahren vom Kees eigentlich immer direkt und nicht über die Modereggalm ab, weil man so den Hang besser ausnutzen kann. Wenn die Schneelage gut ist, kann man den Steig bis ganz nach unten zur Straße abfahren und zurück zum Parkplatz hat man auf der Straße fast immer Schnee. Unserer Meinung nach die beste Lösung. Falls man den Kees als Einzeltour geht, dann natürlich Aufstieg über die Modereggalm und dabei am besten noch den Mandlkogel mitnehmen. 🙂
LG Susi
Großartige und beeindruckende Tour; sehr anschaulich beschrieben, leider eine Nummer zu groß für meine konditionellen Verhältnisse. Danke für den Bericht!
Hallo Hans! Ich sag Danke für deinen netten Kommentar. Freut mich sehr, dass dir der Beitrag gefällt. 🙂 LG Susi