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Lawinen: Alarm- & Gefahrenzeichen kennen, Unfälle vermeiden

Diese Alarmzeichen & Gefahrenzeichen für Lawinen musst du kennen!

Nach einer sorgfältigen Tourenplanung zu Hause gilt während der Tour: Augen und Ohren auf! Sind wir im Gelände unterwegs, gleichen wir ständig Planung und Realität miteinander ab. Besonders achten wir auf typische Alarmzeichen und Gefahrenzeichen, die Indizien für das Auftreten von Lawinen sein können.

Mit welchen Alarm- und Gefahrenzeichen du auf Skitouren konfrontiert sein kannst und wie du damit umgehst, sehen wir uns jetzt an!

Windzeichen: Triebschnee und seine Gefahrenzeichen

Unfalllawinen mit Personenbeteiligung sind in den allermeisten Fällen trockene Schneebrettlawinen. Die meisten Lawinenunfallopfer lösen das Schneebrett dabei selbst aus (Fleischmann et al. 2021). Das bedeutet im Umkehrschluss: Lernen wir, die Anzeichen für Schneebrettlawinen zu erkennen und diese besser vorherzusagen, könnten wir einen Großteil der Lawinenunfälle vermeiden.

Damit eine Schneebrettlawine entstehen kann, müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

  • Die Existenz einer Schwachschicht in der Schneedecke
  • Eine darüberliegende Schicht aus gebundenem Schnee – dem sogenannten Brett
  • Eine Zusatzbelastung (zum Beispiel den Skifahrer), die die Schwachschicht stört > Bruchinitiierung
  • Eine flächige Ausbreitung des Bruchs über die Schwachschicht > Bruchfortpflanzung
  • Eine Hangneigung von 30°, damit das Brett hangabwärts rutscht

Eine besondere Rolle spielen also die Schwachschicht und eine darüberliegende Schicht aus gebundenem Schnee, die als kompaktes Brett abrutschen kann. Während die Schwachschicht von außen nicht erkennbar ist, können wir gebundenen Schnee jedoch recht gut identifizieren.

Überlagernde Schichten müssen zumindest leicht gebunden sein, um überhaupt als Brett zu funktionieren (Fleischmann et al. 2021). Gebundener Schnee kann durch unterschiedliche Prozesse entstehen. Am häufigsten entsteht er, wenn lockerer Schnee durch Wind mechanisch in Triebschnee umgewandelt wird. Das Triebschneeproblem ist auch jenes Problem, mit denen Wintersportler besonders häufig konfrontiert werden. Das Gute: Triebschnee ist durch seine typischen Gefahren- und Windzeichen für Fortgeschrittene relativ leicht erkennbar! Sehen wir uns diese Gefahrenzeichen genauer an!

Frischer Triebschnee ist die Ursache für die meisten Unfälle aufgrund von Schneebrettlawinen. Meist ist er zwar gebunden und so theoretisch auslösbar, aber trotzdem noch weich genug, um gut fahrbar zu sein.

Lawinen Alarmzeichen Gefahrenzeichen
Schnee und Wind – keine gute Kombination. Triebschnee wird verfrachtet und vorwiegend in Rinnen, Mulden und hinter Geländekanten abgelagert.

Entstehung von Triebschnee

Streift Wind über die Schneedecke, können lockere Schneekörner umgelagert, mechanisch zerkleinert und auf der windabgewandten Seite abgelagert werden. Selbiges kann auch mit Neuschneekristallen passieren, die soeben vom Himmel segeln. Nennenswerte Schneeverfrachtungen treten bereits ab einer Windgeschwindigkeit von 15 km/h auf und auslösbare Schneebretter können so innerhalb kurzer Zeit entstehen!

Da Neuschneefall bei uns in den Alpen zumeist mit Wind verbunden ist, entstehen Triebschneeansammlungen fast immer während, oder kurz nach dem Schneefall, wenn die Schneeoberfläche noch locker ist (Larcher et al. 2022).

Frischer Triebschnee lässt sich auf fast allen Untergründen auslösen. Beachtest du die Gefahrenzeichen und weißt, wo Triebschnee typischerweise liegt, kannst du Triebschneepaketen relativ gut ausweichen!

Wo sich Triebschnee vorrangig befindet

Triebschnee kommt dort zu liegen, wo die Windgeschwindigkeit nachlässt und sich der verfrachtete Schnee wieder ablagern kann (im Lee-Bereich). Vorrangig:

  • In Rinnen und Mulden
  • Hinter Geländekanten
  • In der Nähe von Kämmen, Pässen und Jochen
  • Unterhalb steiler Felsen (Fleischmann et al. 2021)

Je frischer der Triebschnee ist, umso leichter ist er als Schneebrett auslösbar. Es ist also besonders wichtig, frischen Triebschnee als solchen zu erkennen!

Wie Triebschnee aussieht

Triebschnee ist matt und glitzert nicht. Besonders charakteristisch ist seine gespannte Schneeoberfläche. Häufig finden sich im Gelände dann auch klassische Windzeichen wie Dünen oder Windgangeln (siehe unten). Im Gelände ist Triebschnee meist unregelmäßig verteilt. Es entstehen schneearme Bereiche wie Rücken oder Grate und Flächen, die dick mit Triebschnee gefüllt sind wie Rinnen und Mulden.

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Matt und weich – Triebschnee glänzt nicht, ist nicht locker, sondern gebunden und liegt vorrangig in Mulden, Rinnen und hinter Geländekanten.

Wie sich Triebschnee anfühlt

Frischer Triebschnee ist weich und als Paket gebunden, mit der Altschneedecke aber schlecht verbunden. Das mach ihn vor allem bei impulsartigen Belastungen (Skischwung) störanfällig.

Spurt man durch Triebschnee, fühlt man einen stumpfen Widerstand, zwischen den Skiern bleibt oft ein Block stehen und die Spuren hinterlassen scharfe Kanten. Neben der Spur sind oft Risse in der Schneedecke zu beobachten.

Es macht also Sinn, hin und wieder aus einer vorhandenen Spur hinauszusteigen und selbst zu spuren – nur so fühlt man wirklich, wie die Schneeoberfläche beschaffen ist!

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Beim Spuren erkennt man Triebschnee an scharfen Kanten und gebundenen Blöcken. Auch die Löcher der Stockteller sind gut erkennbar und bleiben offen.

Die prominentesten Windzeichen

Der Wind gilt als Baumeister der Lawinen. Wer Windzeichen als solche interpretieren kann, kann besser abschätzen, ob und wo sich Triebschnee abgelagert hat.

Zu den wichtigsten Windzeichen zählen:

  • Schneefahnen: Sie sind ein deutliches Zeichen, dass gerade Schnee verfrachtet wird und deuten auch an, wohin. Schneefahnen beobachtet man häufig auf exponierten Gipfeln, Graten oder Kämmen.
  • Dünen: Schneedünen sind mit Sanddünen vergleichbar, die ebenfalls durch Wind entstehen. Sie sind häufig in großen, ebenmäßigen Luv-Hängen beobachtbar. Sie zeigen mit der flachen Seite zur Windrichtung.
  • Windgangeln: Sie richten ihre steile Vorderseite (Stirn) zum Wind und sind ein Indiz, dass angrenzend stark eingewehte Hänge zu erwarten sind.
  • Wechten: Sie zeigen uns die Windrichtung über einen längeren Zeitraum an. Ihre flache Seite zeigt zur Windrichtung, die Schaumrolle befindet sich im Lee. Unter Wechten liegen meist dicke Triebschneepakete.
  • Anraum: Bildet sich an Hindernissen wie Wegweisern oder Gipfelkreuzen, die frei im Wind stehen. Dabei presst der Wind den Schnee auf und lässt den Anraum so gegen die Windrichtung wachsen.
  • Windkolk und Kometenschweif: Windkolk und Kometenschweif bilden sich an Felsen und anderen, größeren Hindernissen in einem Hang. An der windzugewandten Seite bläst der Wind den Schnee aus, hinter dem Hindernis lagert sich der Schnee als Schweif ab.

Lawinen: Akute Alarmzeichen

Während der Tour können akute Alarmzeichen auf eine unmittelbar angespannte Lawinensituation hinweisen. Welche Alarmzeichnen am Tourentag auftreten können, prognostiziert bei kritischer Lawinensituation auch der Lawinenlagebericht.

Als Alarmzeichen verstehen wir beim Skitourengehen frische Lawinen (nicht älter als einen Tag), Wumm-Geräusche und Risse in der Schneedecke beim Spuren. Im Frühjahr wird auch noch die Durchfeuchtung der Schneedecke miteinbezogen. Treten diese Alarmzeichen auf, ist defensives Verhalten angesagt! Das heißt: Im entsprechenden Gelände unter 30° bleiben und den Auslaufbereich großer Hänge beachten!

Frische Lawinen

Frische Lawinen zeugen von einer instabilen Schneedecke und einem ungünstigen Schneedeckenaufbau. Je frischer die Lawinen, desto eher führt die Frage „Gefährlich für mich?“ zu einem eindeutigen „Ja“, falls mein nächster Geländeabschnitt eine ähnliche Steilheit aufweist.

Frische Lawinen sind häufig nach Neuschneefällen als lockere oder nasse Lockerschneelawinen zu beobachten. Ihr Erkennungsmerkmal ist ihr punktförmiger Beginn und der kegelförmige Auslauf. Sie lösen sich meist spontan ohne menschliches Zutun.

Frische Schneebrettlawinen hingegen gehen in der Regel durch eine künstliche Zusatzbelastung (z.B. Skifahrer) ab. Typisches Erkennungsmerkmal eines Schneebretts ist ihr linienförmiger Anriss und die Abtrennung des Bretts (in Schollen) vom Rest der Schneedecke (Fleischmann et al., 2021). Frische Schneebrettlawinen deuten darauf hin, dass in ähnlicher Exposition, Höhenlage und Geländeform weitere Lawinen lauern. Sie zeigen deutlich, dass es eine Schwachschicht vorhanden ist    , dass diese gestört werden und sich ein Bruch ausbreiten kann.

Wumm-Geräusche

Du befährst oder begehst einen Hang und plötzlich: wumm. Dieses erschaudernde, dumpfe Geräusch entsteht, wenn eine Schwachschicht innerhalb der Schneedecke zerstört wird und Luft aus ihrem Porenraum entweicht. Die Schneedecke sackt dabei manchmal sogar deutlich spürbar nach. Dieses Phänomen kann auch in flachen Hängen auftreten. Gefährlich wird es erst, wenn sich ein solcher im Flachen initiierter Bruch in steilere (>30°) Hänge ausbreitet und dadurch ein Hang fernausgelöst wird. Beziehe deshalb unbedingt die Auslaufbereiche bei deiner Spuranlage ein!

Risse in der Schneedecke

Setzungsgeräusche und Risse in der Schneedecke treten oft gemeinsam auf. Risse in der Schneeoberfläche können sich beim Betreten von Triebschneepaketen bilden und sich schnell über mehrere Meter ausbreiten. Sie sind ein klares Alarmzeichen für eine instabile Schneedecke und ein Hinweis für zumindest Lawinenwarnstufe 3.

Starke Durchfeuchtung

Regen, intensive Sonneneinstrahlung und tageszeitliche Erwärmung führen zu einer Durchfeuchtung der Schneedecke. Durch den damit verbundenen Festigkeitsverlust kann die Lawinengefahr innerhalb kürzester Zeit drastisch ansteigen. Typisch ist diese Situation fürs Frühjahr. Die letzten Winter haben aber gezeigt, dass wir auch im Hochwinter immer öfter mit Durchfeuchtung rechnen müssen. Entscheidend ist dann ein gutes Zeitmanagement auf der Tour!

Auf Lawinenkursen lernen

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Thema Lawinen: Buchempfehlungen & Quellen

Fleischmann, M., Mersch, J. & Mittermayer, H. (2021). Lawinen: Erkennen-Beurteilen-Vermeiden. Bergwelten.

Mössmer, G., Würtl W. & Larcher, M. (2022). Standardmaßnahme im Gelände. In: Österreichischer Alpenverein (Hrsg.), SicherAmBerg: Skitouren. Tyrolia-Verlag.

Mair, R. & Nairz P. (2018). lawine. Die entscheidenden Probleme und Gefahrenmuster erkennen. Das Standardwerk zur Schnee- und Lawinenkunde. Tyrolia-Verlag.


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Über Susi

Sportwissenschaftlerin und Bergliebhaberin. Bloggt auf www.berghasen.com

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